1993 / 37 - 257

37. Auszug aus dem Urteil der ARK vom 28. Oktober 1993
i.S. A.D., Türkei

Art. 3 AsylG; Art. 14a Abs. 4 ANAG: Bürgerkriegsähnliche Situation in Teilen der Türkei.

1. Individuelle Verfolgung gestützt auf Ergebnisse einer Botschaftsabklärung verneint (Erw. 5).

2. Frage der Verfolgungsgefahr wegen Verwandtschaft mit verfolgten politisch aktiven Personen ("Sippenhaft"; Erw. 6).

3. Die bürgerkriegsähnliche Situation in den unter Ausnahmezustand stehenden Provinzen und daran angrenzenden Teilen der Türkei stellt mangels Gezieltheit keine Verfolgung im Sinne von Art. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG dar. Die von dieser Situation betroffenen sog. Gewaltflüchtlinge erfüllen daher die Flüchtlingseigenschaft nicht; es kann ihnen jedoch die Rückkehr in dieses Gebiet nicht zugemutet werden (Erw. 7 a - c).

4. Das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative schliesst die Flüchtlingseigenschaft aus. Dazu wird vorausgesetzt, dass am Ort der inländischen Fluchtalternative den Betroffenen ein menschenwürdiges Leben möglich ist (Erw. 7 d).

5. Der Begriff und die Kriterien einer inländischen Fluchtalternative können sinngemäss auf die Situation von Gewaltflüchtlingen übertragen werden (Erw. 9 c).

Art. 3 LA; art. 14a, al. 4 LSEE : situation de quasi-guerre civile dans certaines parties de la Turquie.

1. Persécution individuelle écartée sur la base des résultats de l'enquête de l'Ambassade (consid. 5).

2. Danger de persécution en raison de liens de parenté avec des activistes politiques persécutés ("coresponsabilité familiale"; consid. 6).


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3. A défaut de persécution ciblée, la situation de quasi-guerre civile dans les provinces turques en état de siège et dans les provinces avoisinantes ne suffit pas à établir l'existence d'une persécution au sens de l'article 3 LA. Si les personnes concernées par cette situation peuvent être qualifiées de "réfugiés de la violence", elles n'en remplissent pas pour autant la qualité de réfugiés au sens strict. En revanche, elles peuvent ne pas être contraintes à retourner dans ces régions (consid. 7 a à c).

4. L'existence d'une alternative de fuite interne exclut la reconnaissance de la qualité de réfugié. Cette conséquence suppose cependant que la personne concernée puisse mener, dans une autre partie du pays, une existence conforme à la dignité humaine (consid. 7 d).

5. La notion et les critères de l'alternative de fuite interne peuvent être appliqués par analogie aux "réfugiés de la violence" (consid. 9 c).

Art. 3 LA; art. 14a cpv. 4 LDDS: situazione di "quasi guerra civile" in certe regioni della Turchia.

1. Persecuzione individuale negata sulla base delle risultanze del rapporto d'ambasciata (consid. 5).

2. Pericolo di persecuzioni in ragione dei legami di parentela con attivisti politici perseguitati ("corresponsabilità familiare"; consid. 6).

3. In mancanza di una persecuzione mirata, la situazione di "quasi guerra civile" regnante nelle province turche in stato d'emergenza e nelle province viciniore non costituisce una persecuzione rilevante giusta l'art. 3 LA. Alle persone vittime di una tale situazione, qualificate come "rifugiati della violenza", non può essere riconosciuta la qualità di rifugiato in senso stretto; tuttavia non può essere ragionevolmente preteso che le stesse facciano rientro in queste regioni (consid. 7a-c).

4. L'esistenza di un'alternativa di fuga interna esclude il riconoscimento della qualità di rifugiato. Nondimeno, la persona interessata deve avere la


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possibilità di poter condurre in altra regione del Paese un'esistenza conforme alla dignità umana (consid. 7d ).

5. La nozione ed i criteri di un'alternativa di fuga interna possono essere applicati per analogia ai "rifugiati della violenza" (consid. 9c).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Der Beschwerdeführer verliess die Türkei nach eigenen Angaben am 28. Dezember 1989 und stellte am 2. Januar 1990 in der Schweiz ein Asylgesuch. Nach der Kurzbefragung in der Empfangsstelle wurde er am 24. Januar 1990 von der kantonalen Behörde, vom BFF am 1. Oktober 1992 zu seinen Asylgründen angehört.

Der Rekurrent machte im wesentlichen geltend, er sei alevitischer Kurde und stamme aus C. im Bezirk Pazarcik. Im Dezember 1978 sei er im Zusammenhang mit den Ereignissen von Kahramanmaras für eine Woche verhaftet und in der Folge für zwei Jahre von der Schule verwiesen worden; am 12. September 1980 habe man ihn erneut im selben Zusammenhang für dreizehn Tage verhaftet, geprügelt und vor allem psychisch misshandelt. Nach 1980 sei er nie mehr festgenommen worden; das Gymnasium habe er im Jahre 1983 abschliessen können. Er habe für verschiedene Stellen Prüfungen absolviert, sei jedoch als Kurde nirgends angenommen worden; er habe im Landwirtschaftsbetrieb seines Vaters gearbeitet. Er habe sich politisch nicht eigentlich engagiert; wenn PKK-Leute ins Dorf gekommen seien, sei auch er manchmal gezwungen gewesen, sie mit Nahrungsmitteln zu unterstützen. Das Dorf sei unter Druck des Militärs gestanden; immer wieder hätten militärische Ueberfälle aufs Dorf stattgefunden, bei denen die Bevölkerung geprügelt worden oder es zu willkürlichen Festnahmen und Misshandlungen gekommen sei. Er selber als einer der wenigen Jungen und zudem Gebildeten im Dorf sei besonders verdächtigt worden, Kontakte zur Opposition zu pflegen; ausserdem stamme er
aus einer behördlich abgestempelten Familie, seien doch verschiedene seiner Verwandten, auch zwei Brüder, ins Ausland geflüchtet und dort als Flüchtlinge anerkannt worden. Noch während seiner Schulzeit sei er, wie auch andere Personen, vom Militär dreimal dazu gezwungen worden, in einer Uniform vor den Soldaten voranzugehen und


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Verstecke der PKK zu suchen; bei einem Schusswechsel wären die Vorangehenden so als erste ums Leben gekommen. Am 23. Mai 1989 sei der Muhtar des Dorfes von der PKK erschossen worden; er habe noch in der selben Nacht das Dorf verlassen, da er sonst als einer der wenigen jungen Männer im Dorf der Tat verdächtigt und festgenommen worden wäre. Das Militär habe tatsächlich nach der Ermordung des Muhtars die Dorfbevölkerung zusammengetrieben und mehrere Verhaftungen vorgenommen; die Verhafteten seien später wieder freigelassen worden. Er sei in jener Nacht zu Fuss nach Pazarcik gelangt, wo er fünf Tage geblieben und dann nach Istanbul gegangen sei. Bis zur Ausreise habe er in Istanbul bei Verwandten gelebt und im Geheimen auf Baustellen gearbeitet. Er werde gesucht; wie er erfahren habe, hätten die Behörden sich verschiedentlich beim neuen Muhtar des Dorfes nach ihm erkundigt.

Das BFF lehnte das Asylgesuch am 2. Oktober 1992 ab. Gegen diese Verfügung reichte der Beschwerdeführer am 16. Oktober 1992 Beschwerde ein.

Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens liess die Vorinstanz durch die Schweizerische Vertretung in Ankara Abklärungen treffen. Gestützt auf deren Ergebnisse beantragt die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung vom 19. März 1993 die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer hält in seiner Replik an seinen Anträgen fest.

Die ARK weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

5. - a) Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens liess die Vorinstanz antragsgemäss durch die Schweizerische Vertretung in Istanbul Abklärungen treffen, zu deren Ergebnissen der Beschwerdeführer mit seiner Replik Stellung nehmen konnte. Gemäss den Botschaftsabklärungen existiert über den Beschwerdeführer weder ein politisches noch ein gemeinrechtliches Datenblatt; er wird weder auf lokaler noch auf nationaler Ebene gesucht; im Jahre 1989 wurde ihm ein Pass ausgestellt.


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b) - Angesichts dieser Auskünfte der Schweizerischen Vertretung in Ankara kann den Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerdeeingabe nicht gefolgt werden, dass er aufgrund der beiden Inhaftierungen in den Jahren 1978 und 1980 und des zweijährigen Schulverweises zwischen 1978 und 1980 registriert worden sei und über ihn ein politisches Datenblatt bestehe. Ebenso fehlt seinen weiteren Ausführungen die Grundlage, nach der Ermordung des Muhtars von C. am 23. Mai 1989 habe man ihn aufgrund der bestehenden Registrierung verhaften wollen und offenbar ihn, nachdem die damals Festgenommenen später wieder freigelassen wurden, für den allein Verdächtigen gehalten.

Zwar geht aus den Botschaftsabklärungen, wie in der Replik zutreffend festgehalten wird, lediglich hervor, dem Beschwerdeführer sei im Jahre 1989 - ohne präzisere Datenangabe; die Passnummer ist demgegenüber in der Botschaftsauskunft vermerkt, wurde jedoch dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht - ein Pass ausgestellt worden. Nachdem der Beschwerdeführer jedoch zu Protokoll gegeben hat, der Pass sei ihm durch die Schlepper besorgt worden, muss die Passausstellung offenbar nach seiner Flucht aus C. und nach der Ermordung des Muhtars am 23. Mai 1989 erfolgt sein. Ebenfalls kurz nach diesem Vorfall, am 25. Mai 1989, wurde dem Beschwerdeführer überdies in Pazarcik ein Nüfus ausgestellt. Wenn auch den Angaben des Beschwerdeführers zufolge nicht er selber, sondern jeweils Drittpersonen die Identitätsdokumente für ihn besorgt haben sollen - wobei seine Angaben, den Nüfus habe eine andere Person, deren Namen er nicht kenne, für ihn abgeholt, wenig überzeugend erscheinen -, darf doch insbesondere aus der Passausstellung geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den Vorfällen in C. im Mai 1989 nicht gesucht worden ist. So setzt das Ausstellen eines Passes in der Türkei in der Regel das persönliche
Erscheinen des Antragstellers bei der zuständigen Behörde voraus, wobei offensichtlich diese Vorschrift umgangen werden kann; jedenfalls aber wird ein Pass erst nach Konsultation der Fahndungsregister ausgestellt; damit darf es als ausgeschlossen gelten, dass einer gesuchten Person in der Türkei - auch nicht gegen Bestechung, müsste der betreffende Beamte doch damit rechnen, selber belangt zu werden - ein Pass auf ihren richtigen Namen ausgestellt wird.

c) - Des weiteren müssen aufgrund der Botschaftsauskünfte, wonach der Beschwerdeführer weder registriert ist noch gesucht wird, und angesichts der Aussagen des Beschwerdeführers, er sei nach 1980 nie mehr festgenommen und


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auch nie gerichtlich belangt worden und er habe das Gymnasium im Jahre 1983 abschliessen können, die in die Schulzeit fallenden Ereignisse als asylrechtlich nicht mehr von Bedeutung bezeichnet werden. Zu Recht hielt die Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung daher fest, die diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers - die beiden Inhaftierungen in den Jahren 1978 und 1980, der zweijährige Schulverweis, aber auch die drei Militäroperationen, bei denen er gezwungen worden sei, in Uniform auf der Suche nach PKK-Verstecken vor den Soldaten zu marschieren - würden den erforderlichen engen Kausalzusammenhang in zeitlicher und sachlicher Hinsicht zum erst Jahre später gefassten Entschluss, die Türkei zu verlassen (vgl. W. Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, Basel/Frankfurt a.M. 1990, S. 127 f.; A. Achermann/Ch. Hausammann, Handbuch des Asylrechts, 2. Aufl., Bern/Stuttgart 1991, S. 107 f.), nicht mehr aufweisen.

d) - Dass der Beschwerdeführer nach der Ermordung des Muhtars in seinem Heimatdorf in begründeter Weise eine zukünftige Verfolgung habe befürchten müssen, kann nach dem Gesagten nicht bejaht werden.

Um eine begründete Furcht vor künftigen staatlichen Verfolgungsmassnahmen als asylrelevant im Sinne von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG zu bejahen, muss glaubhaft gemacht werden, dass begründeter Anlass zur Annahme besteht, die Verfolgung werde sich mit erheblicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft verwirklichen. Eine bloss entfernte Möglichkeit zukünftiger Verfolgung genügt nicht; es müssen konkrete Indizien und tatsächliche Anhaltspunkte dargelegt werden, die die Furcht vor einer real drohenden Verfolgung nachvollziehbar erscheinen lassen (vgl. Kälin, Grundriss, S. 143 ff.; Achermann/Hausammann, a.a.O., S. 107 ff.).

Nachdem angesichts der Botschaftsabklärungen keine objektiven Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Ermordung des Muhtars verdächtigt und gesucht worden wäre, und nachdem der Beschwerdeführer selber seine Befürchtungen nur mit Vermutungen zu begründen vermochte, er wäre als junger und zudem gebildeter Mann besonders verdächtigt worden, und auch zur angeblichen Suche nach ihm lediglich vorbrachte, dies von Drittpersonen erfahren zu haben - der neue Muhtar des Dorfes soll Nachbarn der Familie des Beschwerdeführers gegenüber geäussert haben, die Behörden würden sich nach dem Beschwerdeführer erkundigen -, können die dargestellten Voraussetzungen von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG zur Darlegung


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einer begründeten Furcht vor künftiger Verfolgung nicht als erfüllt betrachtet werden.

6. - Des weiteren verweist der Beschwerdeführer zur Begründung seines Asylgesuches auf seine Verwandten, die die Türkei verlassen haben und im Ausland als Flüchtlinge anerkannt worden sind. Er macht einerseits geltend, diese Tatsache belege seine eigene Verfolgung und die seiner ganzen Familie; andererseits führt er aus, aufgrund seiner Verwandtschaft und der Kontakte, die er in der Schweiz mit seinen Verwandten gepflegt habe, müsste er bei einer Rückkehr in die Türkei Verfolgung befürchten.

a) - Soweit der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren in genereller Weise darauf hinweist, die Verfolgung politisch aktiver Personen könne sich in der Türkei unter Umständen auch auf deren Verwandte erstrecken, kann ihm durchaus beigepflichtet werden. Dagegen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er persönlich in seiner Heimat seiner Verwandten wegen individuelle Verfolgungsmassnahmen erlitten habe. Wenn er in der BFF-Befragung ausführte, sie seien eine politisch abgestempelte Familie gewesen und aus diesem Grund jeweils beim kleinsten Problem festgenommen worden, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer anderen Angaben zufolge seit 1980 nie mehr festgenommen worden sein soll; ebenso ist erneut darauf hinzuweisen, dass über ihn kein Datenblatt besteht, wo er beispielsweise als politisch unbequeme Person oder in ähnlichem Sinne registriert worden wäre. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass seine Verwandten die Türkei Jahre vor seiner eigenen Ausreise verlassen haben; seine beiden Brüder, die in Frankreich als Flüchtlinge anerkannt worden sind, verliessen die Türkei seinen Angaben zufolge 1984 oder 1985; drei Cousins des Beschwerdeführers, welche in der Schweiz als Flüchtlinge anerkannt worden sind, stellten hier ihre
Asylgesuche im November 1986 (A. M.), im Februar 1987 (B. V.) und im Juni 1988 (B. B.); indessen machte der Beschwerdeführer im Verlaufe seines Asylverfahrens nicht geltend, er sei damals je seiner Brüder oder seiner Cousins wegen konkret von den Behörden behelligt worden. Die Anträge, es seien die französischen und schweizerischen Asylverfahrensakten der Brüder und Cousins des Beschwerdeführers beizuziehen, werden abgelehnt, nachdem einerseits diese Personen die Türkei alle mindestens anderthalb Jahre vor dem Beschwerdeführer selber verlassen haben, so dass ihren Aussagen über eine allfällige Gefährdung des Beschwerdeführers, bevor er selber im Dezember 1989 die Türkei verliess, nichts entnommen werden könnte, und nachdem


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andererseits der Beschwerdeführer keine konkreten Verfolgungsmassnahmen dargetan hat, die er im Zusammenhang mit seinen Verwandten erlitten hätte.

b) - Aufgrund derselben Ueberlegungen, dass der Beschwerdeführer keine konkreten Behelligungen geltend gemacht hat, die er je im Zusammenhang mit seinen Brüdern und Cousins erlitten hätte, erscheinen auch seine Befürchtungen kaum nachvollziehbar, ihm würde bei einer Rückkehr in die Türkei nunmehr eine zukünftige Verfolgung dieser Verwandten wegen drohen. Es muss als wenig wahrscheinlich bezeichnet werden, dass die türkischen Behörden, nachdem sie in der Vergangenheit offenbar beim Beschwerdeführer nie Nachforschungen nach seinen bereits vor Jahren aus der Türkei ausgereisten Brüdern und Cousins angestellt haben, ihn nunmehr bei einer Rückkehr in die Türkei nach dem Aufenthaltsort und allfälligen exilpolitischen Aktivitäten seiner Angehörigen verhören sollten; die entsprechenden Befürchtungen des Beschwerdeführers müssen als zu vage und entfernt betrachtet werden, als dass eine begründete Furcht vor mit erheblicher Wahrscheinlichkeit drohender Verfolgung in diesem Zusammenhang anerkannt werden könnte. Dass sich der Beschwerdeführer im übrigen selber exilpolitisch engagiert hätte, wird nicht geltend gemacht.

Im Zusammenhang mit Befürchtungen, er könnte bei einer Rückkehr in die Türkei seiner Verwandten wegen gefährdet sein, bringt der Beschwerdeführer im weiteren ein auf ein anderes Asylverfahren bezogenes Schreiben von Amnesty International London vom 28. Mai 1991 bei. Amnesty International dokumentiert darin einen Vorfall, der sich in C. ereignet hat; gemäss Augenzeugenberichten wurde ein junger Dorfbewohner kurz nach seiner Rückkehr aus dem Militärdienst ins Dorf von Soldaten eines "special team", welche das Dorf nach den Newroz-Feiern kontrollierten, ohne Vorwarnung angeschossen, als er zusammen mit einem Freund im Dorf unterwegs war; die Soldaten hätten ihn in ihr Fahrzeug geladen, um ihn angeblich ins Spital zu bringen; die Leiche des jungen Mannes habe später zwei Bein- und zwei Kopfschüsse aufgewiesen. Von offizieller Seite sei der Vorfall später als Zusammenstoss in den Bergen und der Erschossene als PKK-Mitglied dargestellt worden. Als mögliche Motive für die Erschiessung des jungen Mannes nennt Amnesty International einerseits die Einschüchterung und Warnung der Dorfbevölkerung oder die mögliche Ueberlegung der Soldaten, mit derartigen Vorfällen die Auswanderung der Dorfbevölkerung aus der Region zu bewirken; andererseits
könnte ein Motiv gemäss Amnesty International auch darin liegen, dass der Erschossene einen im Ausland lebenden, politisch engagierten Bruder gehabt habe. Auf diese


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Vermutung bezieht sich der Beschwerdeführer, um seine mögliche Gefährdung seiner Verwandten wegen darzulegen. Auch diesbezüglich ist jedoch erneut festzuhalten, dass der Beschwerdeführer sich auf blosse Vermutungen abstützt, die zur Darlegung einer begründeten Furcht vor einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden gezielten Verfolgung nicht zu genügen vermögen.

Der Antrag, es seien die Akten aus zwei Asylverfahren beizuziehen, die mit dem von Amnesty International geschilderten Vorfall in Zusammenhang stehen - sowohl der Bruder des in C. von Soldaten erschossenen jungen Mannes wie auch sein Freund, der den Vorfall als Augenzeuge miterlebt hat, haben in der Schweiz Asylgesuche gestellt - wird abgelehnt. Zwar kann der fragliche Vorfall angesichts der erfahrungsgemäss sehr seriösen Abklärungen, die Amnesty International vornimmt, als erstellt gelten; über die Motive der Erschiessung des jungen Mannes können sich indessen die beiden Personen, deren Asylverfahrensakten beizuziehen beantragt wird, naturgemäss ebenfalls bloss vermutungsweise äussern; als Beweismittel im Zusammenhang mit der Frage, ob der Beschwerdeführer seiner Brüder und Cousins wegen in der Türkei in begründeter Weise eine zukünftige Verfolgung befürchten müsse, müssen jedoch derartige Vermutungen, die sich ausserdem auf nicht direkt mit dem Beschwerdeführer persönlich in Zusammenhang stehende Vorfälle beziehen, als untauglich bezeichnet werden.

7. - a) Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, er sei in seinem Heimatdorf unter einem unerträglichen psychischen Druck gestanden und habe die Türkei aus diesem - im Sinne von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG relevanten - Grund verlassen.

Er schilderte im Verlauf des Asylverfahrens, sein Heimatdorf sei - angesichts der Präsenz der Guerilla, auch angesichts deren Uebergriffe wie beispielsweise der Ermordung des Muhtars im Mai 1989 - unter militärischer Kontrolle gestanden; die Bevölkerung habe willkürliche Schikanen, Festnahmen oder Misshandlungen erleiden müssen; immer wieder sei das Dorf vom Militär überfallen worden, wobei man die Bevölkerung geprügelt und bedrängt habe, Informationen preiszugeben; der Druck habe dazu geführt, dass praktisch alle Jungen das Dorf verlassen hätten. Auch im Beschwerdeverfahren schildert der Beschwerdeführer die einschüchternden und schikanierenden Taktiken der Sicherheitskräfte; weiter weist er auf das Vorkommen ungeklärter Todesfälle hin, wie sie beispielsweise


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auch die oben erwähnten Abklärungen von Amnesty International zur Erschiessung eines jungen Dorfbewohners durch Soldaten eines "special teams" belegen; auch Verwandte des Beschwerdeführers sollen von Soldaten erschossen worden sein. Der Beschwerdeführer schildert die Lage in seiner Heimatregion als einen eigentlichen Bürgerkrieg, wobei die ganze Bevölkerung von der Grossoffensive der türkischen Sicherheitskräfte gegen die PKK betroffen werde. Zum näheren Beweis der geschilderten allgemeinen Lage bietet der Beschwerdeführer einerseits den Beizug aktueller Presseberichte, andererseits Abklärungen durch die Schweizerische Vertretung in Ankara oder den Beizug der Asylverfahrensakten anderer, aus dem selben Dorf wie der Beschwerdeführer stammenden Personen an.

b) - Die Asylrekurskommission teilt die Lageeinschätzung des Beschwerdeführers. Die Lage in den südöstlichen Provinzen der Türkei hat sich in den letzten Jahren zunehmend verschärft und ist von schweren Unruhen gekennzeichnet; die Auseinandersetzungen zwischen den türkischen Sicherheitskräften und den im Südosten der Türkei aktiven kurdischen Widerstandskämpfern haben zunehmend bürgerkriegsähnliche Züge angenommen; sowohl die massive Zunahme der Guerilla-Aktionen insbesondere der PKK wie auch das massive Aufgebot der türkischen Armee ziehen zunehmend die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft (vgl. die Lageeinschätzung des Bundesrates in seiner Antwort auf eine parlamentarische Interpellation vom 14. Dezember 1990 in ASYL 1991/3, S. 15 f.). In den unter Ausnahmezustand stehenden Provinzen steht die Zivilbevölkerung im eigentlichen Sinne zwischen den Fronten und leidet einerseits unter den Anschlägen der PKK, andererseits unter den militärischen Operationen gegen die Guerilla; Amnesty International berichtet von schweren Menschenrechtsverletzungen im Südosten der Türkei, welche sowohl von den türkischen Sicherheitskräften wie auch von den Guerillagruppen ausgehen (vgl. Amnesty International, Jahresbericht 1991 S. 451 ff.,
Jahresbericht 1992 S. 483 ff.). Ganze Dörfer werden zerstört oder die Bevölkerung zwangsevakuiert und umgesiedelt.

Auch die Vorinstanz hält in ihrer Vernehmlassung ausdrücklich fest, angesichts der in gewissen Orten der Südosttürkei zeitweise stattfindenden bewaffneten Auseinandersetzungen müsse derzeit dort eine Niederlassung als schwierig oder unmöglich bezeichnet werden.



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c) - Der Flüchtlingsbegriff von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG - wie auch der Flüchtlingsbegriff der Flüchtlingskonvention (FK) - setzt voraus, dass eine Person ihre Heimat verlassen hat, da sie einer mittelbar oder unmittelbar von staatlicher Seite ausgehenden, aus politischen, rassischen, religiösen oder anderen relevanten Gründen erfolgenden gezielten Verfolgung ausgesetzt war oder eine solche gezielte Verfolgung in begründeter Weise befürchten musste. Personen, die aus ihrer Heimat aus der berechtigten Furcht vor den Folgen von Krieg oder Bürgerkrieg fliehen, werden von diesem Flüchtlingsbegriff nicht erfasst; dogmatisch fehlt es - sei es, dass vom Staat ausgehende Nachteile, sei es, dass von einer nichtstaatlichen Kriegspartei ausgehende Nachteile, gegen die der Staat Schutz zu bieten unfähig ist (vgl. W. Kälin, Grundriss, S. 64 ff.; Achermann/Hausammann, a.a.O., 84 ff.), befürchtet werden - am Kriterium der Gezieltheit der Verfolgung (vgl. W. Kälin, Grundriss, S. 78 ff.; S. Werenfels, Der Begriff des Flüchtlings im schweizerischen Asylrecht, Bern u.a. 1987, S. 212 ff.).

In der flüchtlingsrechtlichen Literatur werden Personen, die zwar die Voraussetzungen des Flüchtlingsbegriffes von Asylgesetz und Flüchtlingskonvention nicht erfüllen, jedoch aus berechtigter Furcht vor Krieg oder Bürgerkrieg geflohen sind, als sogenannte Gewaltflüchtlinge bezeichnet (vgl. W. Kälin, Grundriss, S. 79 Fn 270, 205; W. Kälin, Rückschiebungsschutz für de-facto-Flüchtlinge? - Prinzipien und Ansätze im Völkerrecht. In: M. Karnetzki / H. Thomä-Venske (Hrsg.), Schutz für de-facto-Flüchtlinge, Hamburg 1988, S. 33; W. Kälin / A. Achermann, Rückkehr von Gewaltflüchtlingen in Sicherheit und Würde: Ein neues Instrument der Flüchtlingsaussenpolitik?, Bern 1992, S. 4f.; M. Marugg, Völkerrechtliche Definitionen des Ausdruckes "Flüchtling", ein Beitrag zur Geschichte unter besonderer Berücksichtigung sogenannter de-facto-Flüchtlinge, Basel und Frankfurt am Main, 1990, S. 192f., 219 ff.). Gewaltflüchtlinge stellen gemäss der von P. Weis erarbeiteten Definition des Begriffs "de-facto-Flüchtling" (zitiert in W. Kälin, Das Prinzip des Non-Refoulement; Das Verbot der Zurückweisung, Ausweisung und Auslieferung von Flüchtlingen in den Verfolgerstaat im Völkerrecht und im schweizerischen Landesrecht, Bern/Frankfurt a.M. 1982, S. 96, und in
Marugg, a.a.O., S. 192 f.) eine der Kategorien von de-facto-Flüchtlingen dar, werden doch von Weis' Begriffsumschreibung unter anderem Personen erfasst, welche zwar nicht als Flüchtlinge anerkannt werden, jedoch aus als stichhaltig anerkannten Gründen - zu denen Krieg oder kriegsähnliche Zustände, Besetzung


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durch eine ausländische oder Kolonialmacht sowie Ereignisse, welche die öffentliche Ordnung in Teilen oder im gesamten Gebiet des Landes schwerwiegend stören, gehören - nicht bereit sind, in ihre Heimat zurückzukehren. Zur Abgrenzung, wann innere Unruhen in einem Land eine derartige Intensität annehmen, dass sie als Krieg, kriegsähnliche Zustände oder die öffentliche Ordnung schwerwiegend störende Ereignisse im Sinne der zitierten Definition bezeichnet werden müssen, wird auf Grundsätze zurückgegriffen, die im humanitären Völkerrecht entwickelt wurden (vgl. Marugg, a.a.O., S. 220 ff.; Kälin/Achermann, a.a.O., S. 39 ff., C. Tschudi, Summarisch, summarischer, am summarischsten, in ASYL 1992/4, S. 59 f.).

Im schweizerischen Recht statuiert Artikel 14a Absatz 4
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
ANAG den Rückschiebungsschutz für Gewaltflüchtlinge, indem der Vollzug einer Weg- oder Ausweisung insbesondere als nicht zumutbar erachtet wird, wenn er für den betroffenen Ausländer eine konkrete Gefährdung darstellt. Dass diese Bestimmung sich auf Gewaltflüchtlinge beziehen will, lässt sich den Gesetzesmaterialien (vgl. Botschaft zum Bundesbeschluss über das Asylverfahren, BBl 1990 II 668f.) zweifelsfrei entnehmen.

Nach dem Gesagten erhellt somit, dass die unter Ziffer 7.a) dieses Urteils erwähnten Vorbringen des Rekurrenten seine Flüchtlingseigenschaft nicht zu begründen vermögen.

d) - Ueberdies hielt die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung zu Recht fest, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer sich in einer landesweit ausweglosen Situation befunden hätte, könne es ihm doch zugemutet werden, sich in einer von den gewaltsamen Auseinandersetzungen nicht betroffenen Region der Türkei niederzulassen.

Die dargelegte bürgerkriegsähnliche Situation im Südosten der Türkei beschränkt sich auf lokal umgrenzte Gebiete insbesondere in den unter Ausnahmezustand stehenden oder an das Ausnahmezustandsgebiet angrenzende Provinzen. In anderen Gebieten der Türkei, so im Westen und im Mittelteil des Landes - wo die PKK nicht aktiv in Erscheinung tritt -, kann nicht von einer Situation allgemeiner Gewalt oder schwerwiegend gestörter öffentlicher Ordnung ausgegangen werden, aufgrund derer die kurdische Bevölkerung als konkret gefährdet im Sinne des Begriffs der Gewaltflüchtlinge bezeichnet werden müsste. Dass Kurden beispielsweise in Istanbul generell verfolgt würden, wie der


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Beschwerdeführer ausführt, entspricht den Erkenntnissen der Asylrekurskommission zufolge nicht den Tatsachen.

Mit der erwähnten Erwägung in ihrer Vernehmlassung weist die Vorinstanz mithin auf das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative hin, welche das Bestehen der Flüchtlingseigenschaft ausschliesst (Werenfels, a.a.O., S. 334 f.; Kälin, Grundriss, S. 72 f.). Vorauszusetzen ist dabei allerdings, dass der Ort der inländischen Fluchtalternative für den Betroffenen eine zumutbare Alternative darstellt und ihm dort ein menschenwürdiges Leben möglich ist (Werenfels, a.a.O., S. 340 f.; Achermann/Hausammann, a.a.O., S. 89). Im Falle des Beschwerdeführers ist in diesem Zusammenhang insbesondere in Betracht zu ziehen, dass er die türkische Sprache beherrscht und über eine gute Schulbildung - einen Gymnasiumsabschluss - verfügt, was ihm den Aufbau einer neuen Existenz erleichtert. Ebenso ist in Betracht zu ziehen, dass er seinen Angaben zufolge in Istanbul Verwandte hat und vor seiner Ausreise aus der Türkei während sieben Monaten bereits in Istanbul gelebt und gearbeitet hat; dass er in Istanbul habe illegal leben müssen, da er gesucht worden sei, kann nach den obigen Ausführungen nicht als glaubhaft dargetan gelten. Unter diesen Umständen darf bejaht werden, dass für den Beschwerdeführer eine zumutbare inländische Fluchtalternative
ausserhalb der südöstlichen Gebiete der Türkei besteht.

8. - Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht hat, er habe in der Türkei ernsthafte Nachteile im Sinne von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG erlitten oder müsse solche in begründeter Weise befürchten. Die Vorinstanz hat sein Asylgesuch zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt.

9. - a) (Gesetzliche Voraussetzungen der Wegweisung und deren Vollzug)

b) (...) Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet. Sollte der Beschwerdeführer die Schweiz nicht freiwillig verlassen, müsste die Wegweisung durch polizeiliche Ausschaffung vollzogen werden. Eine solche könnte auch in die Türkei erfolgen, ohne dass das in Artikel 45
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 45 - 1 Die Wegweisungsverfügung enthält:
1    Die Wegweisungsverfügung enthält:
a  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen131, die Verpflichtung der asylsuchenden Person, die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen sowie die Verpflichtung zur Weiterreise in den Herkunftsstaat oder in einen weiteren Staat ausserhalb des Schengen-Raumes, welcher die Person aufnimmt;
b  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen, den Zeitpunkt, bis zu dem sie die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen hat; bei Anordnung einer vorläufigen Aufnahme wird die Frist für die Ausreise erst mit dem Aufhebungsentscheid festgesetzt;
c  die Androhung von Zwangsmitteln;
d  gegebenenfalls die Bezeichnung der Staaten, in welche die Asylsuchende Person nicht zurückgeführt werden darf;
e  gegebenenfalls die Anordnung einer Ersatzmassnahme anstelle des Vollzugs;
f  die Bezeichnung des für den Vollzug der Wegweisung oder der Ersatzmassnahme zuständigen Kantons.
2    Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen. Die Ausreisefrist bei Entscheiden, welche im beschleunigten Verfahren getroffen wurden, beträgt sieben Tage. Im erweiterten Verfahren beträgt sie zwischen sieben und dreissig Tagen.134
2bis    Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern.135
3    Die Wegweisung ist sofort vollstreckbar oder es kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn die betroffene Person aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen weggewiesen wird.136
4    Der asylsuchenden Person ist ein Informationsblatt mit Erläuterungen zur Wegweisungsverfügung abzugeben.137
AsylG verankerte Refoulement-Verbot verletzt würde, da es dem Beschwerdeführer, wie oben ausgeführt wurde, nicht gelungen ist, eine im Sinne von Artikel 3 Absatz 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
AsylG asylrechtlich


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erhebliche Gefährdung glaubhaft zu machen. Es ergeben sich auch weder aus den Ausführungen des Beschwerdeführers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer Ausschaffung in die Türkei dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
EMRK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wird. Insbesondere ist erneut auf die obigen Erwägungen zu verweisen, dass die Befürchtungen des Beschwerdeführers, er könnte seiner im Ausland als Flüchtlinge anerkannten Verwandten wegen verhaftet und in diesem Zusammenhang gefoltert werden, nicht als begründet angesehen werden können.

Unbehelflich ist des weiteren der Verweis des Beschwerdeführers auf Artikel 3 des Uebereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Folterkonvention; SR 0.105). Laut Artikel 3 Absatz 1 Folterkonvention darf ein Vertragsstaat eine Person nicht in einen anderen Staat ausweisen, abschieben oder an diesen ausliefern, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie dort Gefahr liefe, gefoltert zu werden. Bei der Feststellung, ob solche Gründe vorliegen, berücksichtigen die zuständigen Behörden alle massgeblichen Erwägungen einschliesslich des Umstands, dass in dem betreffenden Staat eine ständige Praxis grober, offensichtlicher oder massenhafter Verletzung der Menschenrechte herrscht (Art. 3 Abs. 2 Folterkonvention). Dass die Folterkonvention in Artikel 3 Absatz 2 eine eigentliche Beweisregel enthalte, eine Gefahr zukünftiger Folter sei anzunehmen, wenn im betreffenden Staat regelmässig Menschenrechtsverletzungen vorkämen, ist unzutreffend; die fragliche Norm hält lediglich fest, die allgemeine Menschenrechtslage in einem Land sei bei der Beurteilung einer künftigen Foltergefahr mitzuberücksichtigen. Dies entspricht indessen auch der
Rechtsprechung der Strassburger Organe bezüglich der Anforderungen an den Nachweis drohender Folter oder unmenschlicher Behandlung im Sinne von Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
EMRK; die allgemeine Menschenrechtslage im fraglichen Staat ist als Indiz mitzuberücksichtigen, indessen vermag sie für sich allein eine Rückschaffung nicht unzulässig erscheinen zu lassen (Kälin, Grundriss, S. 245; Achermann/Hausammann, a.a.O., S. 183). Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
Folterkonvention bietet mithin nicht einen umfassenderen Schutz als Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
EMRK (vgl. Kälin, Grundriss, S. 246; Achermann/Hausammann, a.a.O., S. 53).

Die Vorinstanz hat daher den Vollzug der Wegweisung zu Recht als im Sinne der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig bezeichnet. Auch darf die angefochtene


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Verfügung als in diesem Punkt genügend begründet gelten, sind doch insbesondere die auf die Zulässigkeit eines Wegweisungsvollzuges im Sinne von Artikel 45
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 45 - 1 Die Wegweisungsverfügung enthält:
1    Die Wegweisungsverfügung enthält:
a  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen131, die Verpflichtung der asylsuchenden Person, die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen sowie die Verpflichtung zur Weiterreise in den Herkunftsstaat oder in einen weiteren Staat ausserhalb des Schengen-Raumes, welcher die Person aufnimmt;
b  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen, den Zeitpunkt, bis zu dem sie die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen hat; bei Anordnung einer vorläufigen Aufnahme wird die Frist für die Ausreise erst mit dem Aufhebungsentscheid festgesetzt;
c  die Androhung von Zwangsmitteln;
d  gegebenenfalls die Bezeichnung der Staaten, in welche die Asylsuchende Person nicht zurückgeführt werden darf;
e  gegebenenfalls die Anordnung einer Ersatzmassnahme anstelle des Vollzugs;
f  die Bezeichnung des für den Vollzug der Wegweisung oder der Ersatzmassnahme zuständigen Kantons.
2    Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen. Die Ausreisefrist bei Entscheiden, welche im beschleunigten Verfahren getroffen wurden, beträgt sieben Tage. Im erweiterten Verfahren beträgt sie zwischen sieben und dreissig Tagen.134
2bis    Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern.135
3    Die Wegweisung ist sofort vollstreckbar oder es kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn die betroffene Person aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen weggewiesen wird.136
4    Der asylsuchenden Person ist ein Informationsblatt mit Erläuterungen zur Wegweisungsverfügung abzugeben.137
AsylG und Artikel 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
EMRK bezogenen Erwägungen nicht für sich allein, sondern im Zusammenhang mit den auf die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft und die Abweisung des Asylgesuchs des Beschwerdeführers bezogenen Erwägungen zu betrachten.

c) - Weiter darf die Wegweisung auch als zumutbar im Sinne von Artikel 14a Absatz 4
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
ANAG bezeichnet werden. Wie oben ausgeführt, hat der Beschwerdeführer einerseits als Gewaltflüchtling - im Sinne der dargelegten Definition dieses Begriffes durch P. Weis - zu gelten; andererseits wurde - im Zusammenhang mit der Prüfung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft - bejaht, es stehe ihm eine zumutbare inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Marugg weist darauf hin, im Zusammenhang mit der Problematik der Gewaltflüchtlinge seien inländische Fluchtalternativen unerheblich; er argumentiert einerseits, der Rückgriff auf inländische Fluchtalternativen könne eine die Menschenwürde verletzende Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit oder die menschenrechtlich problematische Deplazierung ganzer Bevölkerungsteile bedeuten (diese Argumentation richtet sich gegen die Konzeption der inländischen Fluchtalternative an sich), andererseits verweist er auf die Praxis des UNHCR, die freiwillige Rückkehr von geflüchteten Personen nur dann zu fördern, wenn sie an den Heimatort möglich sei (Marugg, a.a.O., S. 223). Andere Autoren setzen sich mit der Frage, ob im Zusammenhang mit der Problematik der Gewaltflüchtlinge auch allfällige
inländische Fluchtalternativen zu prüfen seien, nicht auseinander. Entgegen der zitierten Auffassung von Marugg hält die Asylrekurskommission dafür, dass die Konzeption der inländischen Fluchtalternative übertragen werden kann auf die Problematik von Gewaltflüchtlingen, sofern die konkrete Gefährdung aufgrund kriegsähnlicher Ereignisse in ihrem Heimatstaat sich lediglich auf lokal begrenzte Gebiete bezieht, in anderen Teilen des Landes - unter der Voraussetzung, dass es für den Betroffenen eine zumutbare Alternative darstellt, dort zu leben - demgegenüber nicht besteht. Im Zusammenhang mit der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft schliesst die Möglichkeit, den Schutz des eigenen Heimatstaates in Anspruch zu nehmen, es aus, dass die betreffende Person als Flüchtling zu betrachten sei und den Schutz eines Asyllandes in Anspruch nehmen müsse; eine analoge Ueberlegung hat bei der Prüfung der Zumutbarkeit eines Wegweisungsvollzuges ihre Gültigkeit. Auch hier darf davon ausgegangen werden, dass die Möglichkeit, sich


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zunächst im Heimatstaat vor konkreten Gefährdungen in Sicherheit zu bringen, es ausschliesst, in einem Asylland um Schutz vor Gefährdungen ersuchen zu müssen. Für die Auslegung von Artikel 14a Absatz 4
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
ANAG ergibt sich dabei, dass der Vollzug einer Wegweisung als zulässig gelten darf, wenn es dem Betroffenen zugemutet werden kann, sich zwar nicht in seine engere Heimatregion, wo ihm eine konkrete Gefährdung drohen würde, dagegen in andere Teile seines Heimatstaates, wo derartige Gefährdungen nicht bestehen, zu begeben.

d) - Der Beschwerdeführer rügt, die angefochtene Verfügung sei auch bezüglich der Frage, ob eine Wegweisung als zumutbar gelten könne, ungenügend begründet. In der Tat wird in der angefochtenen Verfügung diesbezüglich lediglich die Erwägung festgehalten, weder die im Heimatstaat des Beschwerdeführers herrschende politische Situation noch andere Gründe würden gegen die Zumutbarkeit einer Rückführung sprechen; in ihrer Vernehmlassung - zu der sich der Beschwerdeführer replikweise äussern konnte - präzisiert die Vorinstanz diese Erwägung, wie oben dargelegt, insbesondere mit dem Hinweis auf bestehende inländische Fluchtalternativen. Die massgeblichen Ueberlegungen, aufgrund derer die Vorinstanz eine Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges bejahte, werden mithin erst nachträglich im Vernehmlassungsverfahren dargelegt.

Gemäss bundesgerichtlicher Praxis kann der Mangel einer ungenügenden Begründung im Beschwerdeverfahren geheilt werden, sofern dem Betroffenen daraus kein Nachteil erwächst und er seine Rechte im Beschwerdeverfahren voll wahrnehmen kann (BGE 107 Ia 1 ff.). Vorauszusetzen ist mithin, dass die Begründung im Beschwerdeverfahren nachgeholt wird und der Betroffene dazu - im Sinne eines Anspruchs auf ein Replikrecht (vgl. BGE 111 Ia 2 ff.) - Stellung nehmen kann; zudem muss die Beschwerdeinstanz über umfassende Kognition verfügen (vgl. M.E. Villiger, Die Pflicht zur Begründung von Verfügungen, in Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht 1989, S. 149 f., mit kritischen Hinweisen insb. S. 159 und 170, sowie mit einem Ueberblick über die - überwiegend kritische - Literatur S. 144). Auch die Asylrekurskommission geht von der Möglichkeit der Heilung von Gehörsverletzungen aus, obwohl unbestrittenermassen die Gewährung des rechtlichen Gehörs erst im Beschwerdeverfahren die Einhaltung der Verfahrensgarantie im erstinstanzlichen Verfahren nicht vollumfänglich befriedigend zu ersetzen vermag.


1993 / 37 - 273

Nachdem die Vorinstanz im Rahmen ihrer Vernehmlassung die Verfügungsbegründung bezüglich der Zumutbarkeit eines Wegweisungsvollzuges nachträglich ergänzte, wozu der Beschwerdeführer replikweise Stellung nehmen konnte, ist dank der umfassenden und freien Kognition der Beschwerdeinstanz (vgl. Art. 11 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 11 Beweisverfahren - Wird zur Ermittlung des Sachverhaltes ein Beweisverfahren durchgeführt, so können Asylsuchende zur Beweisanordnung der Behörde nicht vorgängig Stellung nehmen.
AsylG in Verbindung mit Art. 49
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 11 Beweisverfahren - Wird zur Ermittlung des Sachverhaltes ein Beweisverfahren durchgeführt, so können Asylsuchende zur Beweisanordnung der Behörde nicht vorgängig Stellung nehmen.
VwVG) durch die nachträglich erfolgte Möglichkeit, sich mit der Begründung der Vorinstanz auseinanderzusetzen, der Verfahrensmangel geheilt worden.

e) - Schliesslich bleibt festzuhalten, dass der Vollzug der Wegweisung auch als möglich bezeichnet werden kann; der Beschwerdeführer ist im Besitz einer türkischen Identitätskarte (Nüfus); es ist ihm zuzumuten, sich die für die Rückkehr in die Türkei allenfalls weiter benötigten Reisedokumente bei der zuständigen Vertretung seines Heimatlandes ausstellen zu lassen.

f) - Zusammenfassend ergibt sich, dass die verfügte Wegweisung zu bestätigen ist. Die Voraussetzungen für eine vorläufige Aufnahme sind nicht erfüllt.


Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 1993-37-257-273
Datum : 28. Oktober 1993
Publiziert : 28. Oktober 1993
Quelle : Vorgängerbehörden des BVGer bis 2006
Status : Publiziert als 1993-37-257-273
Sachgebiet : Türkei
Gegenstand : Art. 3 AsylG; Art. 14a Abs. 4 ANAG: Bürgerkriegsähnliche Situation in Teilen der Türkei.


Gesetzesregister
ANAG: 14a
AsylG: 3 
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
3    Keine Flüchtlinge sind Personen, die wegen Wehrdienstverweigerung oder Desertion ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung des Abkommens vom 28. Juli 19514 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention).5
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
11 
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 11 Beweisverfahren - Wird zur Ermittlung des Sachverhaltes ein Beweisverfahren durchgeführt, so können Asylsuchende zur Beweisanordnung der Behörde nicht vorgängig Stellung nehmen.
45
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 45 - 1 Die Wegweisungsverfügung enthält:
1    Die Wegweisungsverfügung enthält:
a  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen131, die Verpflichtung der asylsuchenden Person, die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen sowie die Verpflichtung zur Weiterreise in den Herkunftsstaat oder in einen weiteren Staat ausserhalb des Schengen-Raumes, welcher die Person aufnimmt;
b  unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der Dublin-Assoziierungsabkommen, den Zeitpunkt, bis zu dem sie die Schweiz sowie den Schengen-Raum zu verlassen hat; bei Anordnung einer vorläufigen Aufnahme wird die Frist für die Ausreise erst mit dem Aufhebungsentscheid festgesetzt;
c  die Androhung von Zwangsmitteln;
d  gegebenenfalls die Bezeichnung der Staaten, in welche die Asylsuchende Person nicht zurückgeführt werden darf;
e  gegebenenfalls die Anordnung einer Ersatzmassnahme anstelle des Vollzugs;
f  die Bezeichnung des für den Vollzug der Wegweisung oder der Ersatzmassnahme zuständigen Kantons.
2    Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen. Die Ausreisefrist bei Entscheiden, welche im beschleunigten Verfahren getroffen wurden, beträgt sieben Tage. Im erweiterten Verfahren beträgt sie zwischen sieben und dreissig Tagen.134
2bis    Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern.135
3    Die Wegweisung ist sofort vollstreckbar oder es kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn die betroffene Person aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen weggewiesen wird.136
4    Der asylsuchenden Person ist ein Informationsblatt mit Erläuterungen zur Wegweisungsverfügung abzugeben.137
EMRK: 3
VwVG: 49
BGE Register
107-IA-1 • 111-IA-2
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorinstanz • amnesty international • asylverfahren • heimatstaat • mann • leben • asylrekurskommission • region • asylrecht • vermutung • frage • familie • ausschaffung • festnahme • ausreise • verwandtschaft • replik • bezogener • druck • tag
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